Elberfelder Bibel
Die Elberfelder Bibel ist eine bedeutende deutsche BibelĂŒbersetzung , die erstmals 1855 (Neues Testament) bzw. 1871 (Altes Testament) erschien. Sie konnte zwar nie dieselbe Verbreitung wie die Lutherbibel finden, hat aber im Laufe der Zeit wegen ihrer begriffsnahen Ăbersetzungsweise und Texttreue viele Freunde gewonnen. Die Wörtlichkeit der Ăbersetzung hat in ihr Vorrang vor sprachlicher Schönheit. Damit wurde sie zum Vorbild fĂŒr viele weitere Ăbersetzungen.
Der Name bĂŒrgerte sich ein, da ein groĂer Teil der Ăbersetzungsarbeit in Elberfeld (heute Stadtteil von Wuppertal) stattfand. Initiatoren der Ăbersetzung waren Julius Anton Eugen von Poseck , Carl Brockhaus und John Nelson Darby . Damit stand sie anfangs in enger Verbindung mit der BrĂŒderbewegung und dem Dispensationalismus .
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Merkmale
Die Elberfelder Bibel ist eine ausgangtextorientierte BibelĂŒbersetzung . Ziel ist es, den Orginaltext der biblischen Schriften möglichst unverfĂ€lscht und mit möglichst wenig theologischer Interpretation wiederzugeben. Die NĂ€he zu den Sprachen der Urtexte (HebrĂ€isch, AramĂ€isch und Griechisch) bringt allerdings eine gewisse Entfernung von einem eingĂ€ngigen Deutsch mit sich und fĂŒhrte besonders in den ersten Ausgaben zu sprachlichen HĂ€rten. Bei den Revisionen ab 1960 waren die Ăbersetzer um bessere Lesbarkeit bemĂŒht, ohne dabei den Anspruch der Texttreue aufzugeben.
Die Elberfelder Bibel gilt nach wie vor als diejenige unter den verbreiteten deutschen Ăbersetzungen, die dem Grundtext am nĂ€chsten kommt. (Einige speziell als Studienhilfen gedachte Ăbersetzungen wie die von Fridolin Stier oder das MĂŒnchener Neue Testament sind teilweise noch wörtlicher.) Ziel der Ăbersetzung war und ist es, âden des Urtextes Unkundigen ... mit geringen Kosten eine möglichst treue und genaue Darstellung des Wortes Gottes in ihrer eigenen Sprache darzureichenâ (aus dem Vorwort der ersten Ausgabe). Wörter, die der besseren VerstĂ€ndlichkeit wegen eingefĂŒgt wurden, aber nicht im Orginaltext stehen, werden in der Elberfelder Bibel gekennzeichnet. ZusĂ€tzlich werden in FuĂnoten alternative Lesarten und VerstĂ€ndnishinweise geboten.
Bis zur Revision von 1960ff . wurde auf die EinfĂŒgung von AbschnittsĂŒberschriften verzichtet, da sie auch in den Grundtexten nicht vorhanden sind.
Zur Elberfelder Bibel gibt es seit 1937 eine Konkordanz .
Chronologie
1855 Neue Uebersetzung des zweiten Theiles der Heiligen Schrift genannt Neues Testament. Aus dem Urtext ĂŒbersetzt von einigen Christen. Elberfeld: Selbstverlag der Herausgeber, gedruckt bei Sam. Lucas.
1859 Die Psalmen. Aus dem Urtext ĂŒbersetzt. Elberfeld: im Selbstverlage des Herausgebers.
1871 Die Heilige Schrift. Erster Theil genannt Altes Testament. Aus dem Urtext ĂŒbersetzt. Elberfeld: in Commission bei W. Langewiesche, vormals W. Hasselâs Buchhandlung. [Zusammen mit: Zweiter Theil genannt Neues Testament. Aus dem Urtext ĂŒbersetzt. Dritte durchgesehene Ausgabe.]
1885 Die Heilige Schrift. Aus dem Urtext ĂŒbersetzt. Taschen-Ausgabe. Elberfeld: C. Brockhaus.
1905 Die Heilige Schrift. Aus dem Urtext ĂŒbersetzt. Elberfeld: R. Brockhaus. [Erste Ausgabe in lateinischer Schrift, sog. Perlbibel]
1927 Die Heilige Schrift. Aus dem Grundtext ĂŒbersetzt. 2. Auflage der Perlbibel. Elberfeld: R. Brockhaus. [Bis heute erhĂ€ltliche Ausgabe der âalten, nicht revidiertenâ Elberfelder Bibel]
1934 Die Heilige Schrift. Aus dem Grundtext ĂŒbersetzt. Taschenausgabe. 10. Auflage. Wuppertal-Elberfeld: R. Brockhaus. [Letzte Textgestalt der ânicht revidiertenâ Elberfelder Bibel; in Frakturschrift]
1975 Die Heilige Schrift. Das Neue Testament und Die Psalmen. Revidierte Elberfelder Ăbersetzung. Wuppertal: R. Brockhaus.
1985 Die Heilige Schrift. Aus dem Grundtext ĂŒbersetzt. Revidierte Elberfelder Bibel. Wuppertal: R. Brockhaus.
1999 Das Neue Testament. Die Heilige Schrift, 2. Teil. Aus dem Grundtext ĂŒbersetzt. Wuppertal/HĂŒckeswagen: R. Brockhaus / Christliche Schriftenverbreitung. [Behutsamer ĂŒberarbeitete Ausgabe als Alternative zur Revidierten Elberfelder Ăbersetzung]
2003 Die Heilige Schrift. Aus dem Grundtext ĂŒbersetzt. HĂŒckeswagen: Christliche Schriftenverbreitung. [Erste Gesamtausgabe der âĂberarbeiteten Elberfelder Bibelâ]
Revisionen
Bis zum Tod von Carl Brockhaus ' Sohn Rudolf Brockhaus ( 1932 ) wurde die Elberfelder Bibel von Auflage zu Auflage immer wieder durchgesehen und korrigiert. Danach blieb sie fast 30 Jahre lang unverĂ€ndert, bis 1960 eine Kommission aus den Kreisen der BrĂŒderbewegung mit einer durchgreifenden Revision begann, die insgesamt 25 Jahre dauerte. Dabei bemĂŒhte man sich zum einen, Lesbarkeit und VerstĂ€ndlichkeit zu verbessern (wobei der sprachliche Wohlklang aber weiterhin der angestrebten Originaltreue untergeordnet blieb), zum anderen wurden neue Erkenntnisse der biblischen Textkritik berĂŒcksichtigt. Das Ergebnis erschien als âRevidierte Elberfelder Ăbersetzungâ 1975 (Neues Testament mit Psalmen) bzw. 1985 (vollstĂ€ndige Bibel).
Bei der Revision stellten sich zwei besondere Probleme, die auch die ursprĂŒnglichen Ăbersetzer schon beschĂ€ftigt hatten:
- â... die Ăbersetzung des Namens â Jehova â im Alten Testament und des Wortes â Ekklesia â im Neuen Testament.
- Bei âJehovaâ fiel die Entscheidung nicht ganz so schwer. Die Israeliten haben nie âJehovaâ gesagt, sondern wahrscheinlich âJahweâ. SpĂ€ter wagte man nicht mehr, den heiligen Gottesnamen auszusprechen, und sagte statt dessen âAdonajâ (= Herr). Damit man nun beim Vorlesen aus der Bibel daran erinnert wurde, âAdonajâ zu lesen und nicht versehentlich âJahweâ, setzten die Juden in ihren Bibelhandschriften zu den Konsonanten des Namens âJahweâ (JHWH) die Vokale des Wortes âAdonajâ (ĂȘoa, wobei das Zeichen fĂŒr ĂȘ auch fĂŒr Ăą stehen kann), so daĂ Nichteingeweihte daraus âJehovahâlesen muĂten. Daraus ergibt sich folgerichtig, daĂ âJehovaâ kein Name ist und man ihn deshalb auch in unserer Sprache nicht so schreiben und aussprechen sollte. [...] Bei der Revision wurde wurde daher âJehovaâ durch âHERRâ ersetzt, und zwar mit GroĂschreibung aller Buchstaben, damit der Leser erkennen kann, daĂ an dieser Stelle im Grundtext die Buchstaben JHWH stehen. [...]
- Bei der Ăbersetzung des griechischen Wortes âEkklesiaâ fiel die Entscheidung schwerer, da das Wort âVersammlungâ die Tatsache, daĂ die Gemeinde die von Jesus Christus zusammengerufene Schar ist, gut zum Ausdruck bringt. Vor allem zwei GrĂŒnde haben dazu gefĂŒhrt, daĂ die Entscheidung dann doch fĂŒr das Wort âGemeindeâ getroffen wurde.
- 1. Die Gemeinde ist keine vorĂŒbergehend versammelte Gruppe, wie etwa eine Betriebsversammlung, sondern eine Gemeinschaft, der Leib Christi, dessen Glieder dauerhaft zusammengehören. Dieser biblische Tatbestand wird durch das Wort âGemeindeâ besser ausgedrĂŒckt.
- 2. Schon die alten Ăbersetzer der Elberfelder Bibel hatten befĂŒrchtet, daĂ das Wort âVersammlungâ im Laufe der Zeit eine denominationelle Spezialbedeutung bekommen könnte, was dann auch eintraf. In einem Zeitschriftenartikel heiĂt es: âHĂ€tten die Ăbersetzer ahnen können, zu welch falschen Auslegungen und Unterstellungen die Wahl jenes Ausdrucks im Laufe der Jahre fĂŒhren wĂŒrde, möchten sie vielleicht trotz ihrer Bedenken die Ăbersetzung âGemeindeâ gelassen haben ...â (Rudolf Brockhaus im âBotschafterâ 1911).â (aus dem Vorwort zur Rev. Elb.)
In Teilen der BrĂŒderbewegung und auch der Freien Bibelforscher stieĂ die revidierte Fassung jedoch auf Kritik. So wurde in den 1980er Jahren von Seiten der âgeschlossenen BrĂŒderâ mit einer eigenen Ăberarbeitung der alten âElberfelderâ begonnen. 1999 erschien die erste Auflage des Neuen Testaments mit FuĂnoten, 2003 die erste Auflage der komplett ĂŒberarbeiteten Fassung. Im Gegensatz zur âRevidiertenâ wurde auf die EinfĂŒgung von Ăberschriften und Parallelstellen verzichtet. Auch in dieser Ausgabe ist JHWH mit âHERRâ wiedergegeben, ekklesia jedoch weiterhin mit âVersammlungâ.
Textgrundlage
Die Elberfelder Ăbersetzung war eine der ersten deutschen BibelĂŒbersetzungen, die im Neuen Testament mit dem Textus receptus grundsĂ€tzlich brach und neue Erkenntnisse der Textkritik widerspiegelte. So wurden die im 19. Jahrhundert entdeckten oder erstmals publizierten Codices der alexandrinischen Linie (z.B. Codex Sinaiticus und Codex Vaticanus ) sogleich in der Ăbersetzung verarbeitet. Die beiden heutigen Fassungen verwenden im Neuen Testament die textkritische Edition von Nestle-Aland. Das Alte Testament basiert auf dem Masoretischen Text .
Fazit
Die Elberfelder Bibel zeichnet sich durch verhĂ€ltnismĂ€Ăig gute Texttreue aus. Lesbarkeit und VerstĂ€ndlichkeit werden je nach Erwartung der Leser unterschiedlich bewertet. In der Regel wird die Elberfelder Bibel von Lesern bevorzugt, die sich fĂŒr den genauen Wortlaut der biblischen Originaltexte interessieren und sich zutrauen, diese selbst auszulegen. Stellenweise zeigt sich die SchwĂ€che von ausgangstextorientierten Ăbersetzungen , so z.B. in Lukas 24,38, wo der griechische Text mit â... was steigen Gedanken auf in euren Herzen?â wörtlich wiedergegeben wird. Die griechische Formulierung war ein Idiom , das man sinngemÀà mit âWas zweifelt ihr?â ĂŒbersetzen kann (z.B. Neue Genfer Ăbersetzung). Es gibt verschiedene Auffassungen darĂŒber, ob eine formgetreue wörtliche Ăbersetzung in solchen FĂ€llen noch vermittelt, was das Original vermitteln wollte. Diese Frage stellt sich auch in FĂ€llen, in denen zwar kein Idiom benutzt wird, aber die unterschiedliche Struktur der Ausgangs- und Zielsprache zu falschen SchlĂŒssen ĂŒber den Sinn verleitet, wenn der Leser die Originalsprache nicht kennt.
Siehe auch
- Portal:Bibel
- BibelĂŒbersetzung
- Geschichte der BibelĂŒbersetzung
- Bibelstudium
Weblinks
Bibeltext:
- Text der revidierten Fassung
- Unrevidierte Elberfelder Ăbersetzung mit Suchfunktion (bibelkommentare.de)
Geschichtliche HintergrĂŒnde:
- Geschichtliche Hintergrundinformationen von Martin Arhelger
- Zusammenfassung der Entstehungsgeschichte auf bruederbewegung.de
- FestvortrÀge von Peter Strauch, Gerhard Jordy, Ulrich Brockhaus und Hartmut Jaeger zum 150-jÀhrigen JubilÀum des Elberfelder NT
Kategorien : BibelĂŒbersetzung | Wuppertal | Freikirche
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